Grüß Gott junge Dame. Einen lustigen Schwimmreifen haben Sie da. Ich nehme doch an, Sie sind unterwegs zum Herrenwieser Weiher. Wussten Sie, dass dieser Name von einem Einödhof in Wiggensbach stammt?
Guten Tag. Nein, das wusste ich nicht. War dieser Weiher schon immer ein Badesee?
Nein, er wurde künstlich angelegt, diente einst der Wasserversorgung Kemptens und wurde auch als Fischteich genutzt. 1769 erstmals urkundlich erwähnt, war der Herrenwieser Weiher Teil des „Schlangenbach-Systems“, einem verzweigten Netz aus Kanälen, Stauweihern und Bachläufen, das bis in die 1960er Jahre die Stadt durchzog. Es versorgte sowohl die Reichsstadt als auch das kurfürstliche Stift mit Wasser. Der Name kam daher, weil die Kanäle in einem schlangenartigen Verlauf in die Iller flossen.
Vielen Dank für diese interessante kleine Geschichtsstunde. Auf Wiedersehen!
Auf Wiedersehen schöne Badenixe.
Ein Kanal führt vom Eschacher Weiher bis in die Stiftsstadt Kempten hinein
Ein Netz aus künstlich angelegten Weihern sicherte im Mittelalter bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Versorgung der Stiftsstadt samt dort ansässigem Gewerbe mit Wasser. Dieses Kanalsysten nimmt am Eschacher Weiher seinen Anfang, welcher 1693 durch Fürstabt Rupert von Bodman angelegt wurde, besteht aus etlichen künstlich angelegten Kanalstrecken, teils sind auch natürlich Bachstrecken in dieselbe einbezogen. Der Kanal nimmt seinen Ursprung am Eschacher Weiher, welcher von Quellen gespeist wird, die auf seinem Grund entspringen. Über die Hochfläche von Hahnenmoos und die Pflaumenmühle, über Wegscheidel, die Masersmühle und den Kollerbach wird das Wasser über das Notzenwehr geteilt und durch den Ermengerster Dorfweiher auch in den Herrenwieser Weiher eingeleitet. Dieses Kanalsysten durchzieht die Bezirke von drei Landgemeinden und tritt nach einem Lauf von ca. 14,5 km bei Eggen in den historischen Stadtbezirk Kempten ein.
Im 18. Jahrhundert gab es auch den „Wiggensbacher Weiher“, welcher sich nördlich von Ermengerst bis zum Weiler Weissen hinzog. Im Gegensatz zum Herrenwieser Weiher war dieser jedoch nur ein Laichweiher für die Nachzucht.
Im Fischereibuch des Fürststifts ist zu lesen:
„Der Herrenwiser Weyer ist ein Besazungs Weyer, ligt jenseiths der Iller in der Pfarr Wiggenspach. Besezt worden mit Setzling, Schleyen, Treischen, Vorellen und Orfen. 1778 ist diser Weyer gebuzt und geschwemt worden…“
Quelle: „Das Fischereibuch des Fürststifts Kempten“ verfasst von Benedict von Schönau, Stifts-Capitular und Fischerherr, 1755 bis 1785
Die Fürstabtei Kempten umfasste zu Beginn des 17. Jahrhundert eine Gebiet von annähernd 900 Quadratkilometer und zählte somit zu den größsten Herrschaften im südlichen Schwaben. Seit dem Hochmittelalter wurde die kurfürstliche Hofküche dank ausgedehnter Karpfenteichwirtschaft mit frischem Fisch versorgt. Besonders zur Fastenzeit, wenn der Verzehr von Fleisch für Gläubige tabu war, diente Fisch als Haupteiweißquelle.
„Der Herrenwieserweiher ist in keiner bisherigen Verhandlung genannt und man muß annehmen, daß er 1735 jedenfalls noch nicht bestand; er wird erstmals 1769 erwähnt, kann aber auch früher entstanden sein.“
Adolf Horchler, Bürgermeister a.D. und Ehrenbürger der Stadt Kempten, in einem Vortrag am 5. Sep. 1921 im Historischen Verein Kempten
Auf dem Hildegardplatz in Kempten erinnert eine Informationstafel und eingelassene Wegeplatten noch an den historischen Verlauf dieser Wasserstrecke.
„Als Kinder sind wir mit unserer Mutter vom Kemptener Bahnhof aus zum Herrenwieser Weiher zum Baden gefahren. Natürlich waren auch viele Mitreisende, die das gleiche Ziel verfolgt haben, dabei.“
„Mein Bruder hat gerne einen Pfennig auf das Bahngleis gelegt und wir haben uns alle kindisch gefreut, wenn der Zug den Pfennig plattgefahren hat.“
„Der Herrenwieser Weiher war für unsere Familie auch ein beliebtes Wanderziel. Über den Mariaberg wanderten wir auch als Pfadfinderinnen zum Herrenwieser Weiher mit Kochtopf und Erbswurst im Gepäck.“
„Bei Fahrschülern kam es mitunter schon vor, dass sie aus Jux – wenn das Bähnle bei Ahegg/Herrenwieser Weiher Dampf machen musste – ausstiegen und am Bahndamm Blumen pflückten.“
Am Ermengerster Bahnhof standen kleine Gerätewagen.
Damit konnte man wunderbare „Ausflüge“ – sprich Lausbubenstreiche machen. Wenn abends der letzte Zug durch war, schoben die Jungs das Wägelchen über die von Hand gestellten Weichen auf das Fahrgleis, setzten sich drauf, einer schob wie bei einem Bob, und ab ging die flotte Fahrt bergab am Herrenwieser Weiher vorbei bis nach Ahegg. Mit einem langen Stecken konnte das Gefährt wieder gebremst werden.
Zeitzeugengeschichten aus dem Buch „Das Isnyer Bähnle“ – eine Chronologie von Erhard Ott
Entschuldigung, warum mähen Sie hier? Aus dem Gras dieser feuchten Wiese wird doch niemals Heu.
Aus meinem Mahdgut wird kein Heu, sondern Streue für meinen Stall gewonnen.
So viel Arbeit, nur für das liebe Vieh?
Nicht nur fürs Vieh. Sehen Sie hier, das ist der Schwalbenwurz-Enzian. Für ihn und für viele andere, zum Teil sehr seltene Pflanzen und Tiere mache ich diese Arbeit. Hören Sie die Grillen? Sie brauchen viel Sonne. Auch für sie mähe ich. Würde ich es nicht tun, verbuschte und verfilzte die Streuwiese. Darunter würden viele Pflanzen leiden und somit auch Insekten, Vögel und andere Tiere. Sie werden an kaum einem anderen Ort so viele Arten entdecken.
Dann pflegen Sie ja regelrecht die Landschaft. Hoffentlich gibt es auch in Zukunft Landwirte, die diese mühsame Arbeit zum Wohle der Natur verrichten.
Ja, das wäre schön, leben Sie wohl.
Der Landschaftspflegeverband Oberallgäu-Kempten plant und organisiert Pflegemaßnahmen wie Streuwiesenmahd, die von Landwirten durchgeführt und durch die Landschaftspflegerichtlinie finanziert werden. Teilweise kommen bei der Pflege von Biotopflächen Spezialmaschinen auf den feuchten Flächen zum Einsatz.
Feuchtwiesen zählen zu den artenreichsten Lebensräumen Mitteleuropas. Die wechselfeuchten bis nassen Standorte werden normalerweise einmal jährlich im Herbst nach dem Aussamen gemäht und das Mahdgut als Einstreu für Stallungen verwendet.
Auch Ideenreichtum ist gefragt:
Nährstoffreiches Oberflächenwasser aus einer Wirtschaftswiese wurde über Drainagen gesammelt und in einen Klärteich geleitet, um Einträge von Nährstoffen auf Biotopflächen zu verringern.
Zur dauerhaften Erhaltung blühender Wiesenflächen müssen die Biotopflächen traditionell im grünen Zustand gemäht werden. Auf diese Weise werden Nährstoffe entzogen und Gehölzaufwuchs unterdrückt.
Lebensraum Streuwiese
Auf den geschützten Streuwiesen am Herrenwieser Weiher kommt eine Vielzahl seltener Pflanzenarten vor, die an feuchte und nährstoffarme Böden angepasst sind.
Pfeifengras, Trollblume, Schwalbenwurz-Enzian, Schlangen-Knöterich, Mehlprimel, Frühlings-Enzian und Weißer Germer sind hier zuhause, aber auch naturschutzfachlich bedeutsame Arten, beispielsweise Lungen-Enzian, Orchideen wie Sumpf-Ständelwurz, Breitblättriges Knabenkraut, Fuchs-Knabenkraut, Gewöhnliches Fettkraut, Alpen-Rasenbinse und Sumpf-Löwenzahn.
Pfeifengras
Streuwiesen werden von Pfeifengras dominiert. Die Halme wurden früher zur Herstellung von Besen, zum Flechten von Körbchen, als Bindeschnur sowie als Pfeifenputzer verwendet.
Das Gewöhnliche Fettkraut ist eine fleischfressende Pflanze. Auf den klebrigen Blattoberseiten bleiben kleine Gliedertiere hängen und werden dort verdaut. Die im Insektenkörper vorhandenen Stickstoffverbindungen dienen der Pflanze auf mageren Standorten als zusätzliche Nährstoffquelle. Das Fettkraut kann auf diese Weise auf schwierigen Standorten überleben.
Die jungen Raupen des Lungenenzian-Ameisenbläulings fressen zunächst auf Enzian-Arten. Sie geben ein Sekret ab, das Knotenameisen anlockt. Die Ameisen nehmen die Raupen mit in ihr Nest und versorgen sie dort bis zur Verpuppung mit Futter der Königinnenbrut. Die Bläulings-Raupen imitieren den Duftstoff der Knotenameisen und entziehen sich dadurch deren tödlichem Angriff. Ameisenbläulinge können ohne Enzian und Ameise nicht überleben.
Auch eine Reihe von Tierarten ist auf den Lebensraum Streuwiese angewiesen. Vögel nutzen Streuwiesen als Brutgebiete und Jagdgründe, Amphibien finden hier Laichplätze und Versteckmöglichkeiten. Streuwiesen beherbergen Insektenarten mit langer Entwicklungszeit wie Warzenbeißer oder Sumpfschrecke sowie viele Schmetterlings-Arten, wie Riedteufel, Schwalbenschwanz, Randring-Perlmuttfalter und Lungenenzian-Ameisenbläuling.
Lebensraum Halbtrockenrasen
An trockenen, besonnten Hängen fühlen sich Feldgrille und andere Heuschrecken, Ringelnatter, Bergeidechse und Blindschleiche wohl. Hier wird mehrmals pro Jahr gemäht, so dass die Sonne den Boden aufwärmt. Die Wohnhöhlen der Grille sind gut sichtbar, das Zirpen der Tiere bei warmem Wetter hörbar.